Fachkräftemangel: Von der Krippe bis zum Hospiz

Strategie zum Fachkräftemangel

Die Problemkonstellation des Fachkräftemangels ist in München und im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berufs- und branchenübergreifend eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte.

Demographische Entwicklungen, kriegsbedingte Migrationsbewegungen und die psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie – insbesondere für Kinder und junge Menschen – führen besonders in pflegerischen und allen sozialen Einrichtungen und Angebotsformen zu einer hochbrisanten Entwicklung.

Einerseits ist jetzt schon ein deutlich erhöhter Bedarf an Unterstützung und Begleitung für hochbelastete Bevölkerungsgruppen zu verzeichnen, andererseits führt die zu erwartende Alterungsstruktur der Gesellschaft zu einem weiter steigenden Bedarf in Altenhilfe und Pflege.
Auch die sozialgesetzlich angestrebte Inklusion im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe wird perspektivisch erhöhte Ressourcen verlangen.

Dieser Bedarfslage steht eine Fachkräfteentwicklung entgegen, in der sich zwar prinzipiell 25% der jungen Menschen eine Tätigkeit in sozialen und pflegerischen Berufen vorstellen können, ihnen allerdings häufig die möglichen Gehalts- und Karrierechancen nicht bekannt sind und die vermutete Arbeitsbelastung sie von einer sozialen oder pflegerischen Ausbildung abhalten.
Gleichzeitig führt die NC-Regelung aufgrund limitierter Studienplätze zu einer weiteren Reduzierung potenzieller Fachkräfte. Dabei erfreut sich das Studienfach Soziale Arbeit großer Beliebtheit: Im Wintersemester 2020/21 war es mit rund 72.000 Studierenden deutschlandweit auf Platz 8 der beliebtesten Studienfächer.

Eine Studie des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geht in einem Worst-Case-Szenario davon aus, dass im Jahr 2030 1,3 Millionen Vollzeitkräfte im Gesundheits- und Sozialbereich fehlen werden. Bereits bei einem Vergleich der offenen Stellen der Jahre 2011 und 2018 zeigt sich für den Bereich Sozialwesen eine Verdoppelung. Dies schlägt sich auch in der Vakanzzeit nieder, die im Durchschnitt aller Berufe 102 Tage lang ist, in der Altenpflege aber beispielsweise 171 Tage. Die Bundesregierung selbst spricht von 173.000 fehlenden Fachkräften in Kitas in Deutschland; insgesamt 288.000 Stellen müssten in der Berufsgruppe der Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege bis zum Jahr 2025 neu besetzt werden.

Es gilt deshalb, auf verschiedenen Ebenen Weichen zu stellen, um den sozialen Bereich - sowohl auf Seiten der öffentlichen wie auch auf Seiten der freien Wohlfahrt - sicherzustellen. Aus Sicht der ARGE Freie München sind folgende Punkte auf kommunaler Ebene zentral:

  • Autonome und subsidiäre Trägersteuerung in der Anstellung und Beschäftigung von Fachkräften mit vollumfänglicher Refinanzierung. Etwaige limitierende Berufslisten sind bestenfalls Orientierungsgrößen. Eine Entscheidung zurBeschäftigung erfolgt immer im Einzelfall und nach Maßgabe derprojektspezifischen Kriterien. Die individuelle Prüfung dieser Einzelfälle erfolgtdurch den Träger.
  • Flächendeckende Implementierung Dualer Studierender in unterschiedlichen Projekten mit einer auskömmlichen Finanzierung in Zuschuss- und Entgeltprojekten. Zentral ist, dass diese Studierenden in den Projekten anerkanntwerden, aber nicht die regulären Fachkräfte ersetzen.
  • Entwicklung gemeinsamer Werbestrategien zur Fachkräftegewinnung und Imagekampagnen in allen sozialen und pflegerischen Bereichen.
  • Ausbau der Plätze von sozialen Ausbildungsberufensowie die vollumfängliche Refinanzierung der Ausbildung für die Ausbildungsträger.
  • Rasche und unbürokratische Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, sofern Ausbildungsinhalte vergleichbar sind.
  • Anpassung der Fachkräfteanerkennung an die Folgen der Bologna-Reform.
  • Erweiterte Optionen und beschleunigte Verfahren zur Anerkennung von Quereinsteiger*innen.
  • Etablierung und Anerkennung multiprofessioneller Teams, die sich am Bedarf in der Einrichtung orientieren.
  • Prüfung von Einsatzmöglichkeiten für Unterstützungskräfte und adäquate Finanzierung.

Sowohl über die Spitzenverbände als auch über die Parteien im Stadtrat und die Bürgermeister*innen muss auf folgende Punkte auf Landesebene und Bundesebene hingewirkt werden:

  • Ausweitung von Studienplätzen für Soziale Arbeit an staatlichen Hochschulen
  • Anerkennung der Tarifwerke / der Vergütungsregelwerke der Verbände und Überarbeitung des Rahmenvertrages nach §78ff SGB VIII zur flexiblen Personalsteuerung (Abschaffung von Fachkräftelisten in der Bewilligung von Betriebserlaubnissen. Diese können nur einen Empfehlungscharakter haben und sind aufgrund der sich stetig ändernden Studiengänge kontinuierlich weiterzuentwickeln)

 

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Kontakt

Arge Freie München
Federführung: Paritätischer Wohlfahrtsverband Bezirk Oberbayern

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